Corona: Handelsvertreter, was passiert mit der Provision?

Corona: Handelsvertreter, was passiert mit der Provision?

Nicht nur der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer, sondern auch die Vertragsbeziehung des Unternehmers zum Handelsvertreter ist wegen der Corona-Krise betroffen.

Infolge der derzeitigen Situation in Deutschland, der Absagen von Messen, Verhängung von Ausgangssperre wie der Grenzschließung, kommt es dazu, dass Artikel nicht bestellt, produzierte Ware nicht nach Deutschland eingeliefert und dann an Kunden verteilt werden kann oder es zu Absatzproblemen wegen Geschäftsschließungen kommt.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie sich dies auf das Handelsvertreterrecht auswirkt.

 

1. Anspruch auf Provision, Fälligkeit der Provision

Nach der gesetzlichen Vorgabe hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausführt. Damit muss der Handelsvertreter das Geschäft vermitteln und der Unternehmer dieses umsetzen, mithin also die Ware ausliefern.

Bereits in diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob der Anspruch auf Provision bereits dann besteht, wenn das Geschäft lediglich vermittelt ist oder erst dann, wenn die Ware beim Kunden ausgeliefert ist oder erst zu dem Zeitpunkt, in dem der Kunde das Entgelt für die Ware auch bezahlt hat. Der Gesetzgeber geht vorbehaltlich einer anderen Regelung im Vertrag davon aus, dass die Ausführung des Geschäftes, also die Lieferung an den Kunden, ausreicht.

In Handelsvertreterverträgen wird aber oftmals eine Klausel verwendet, nach der die Provision erst bei Zahlung der Ware durch den Kunden fällig wird. Die Klausel ist zulässig. Erst mit Zahlung durch den Kunden wird die Zahlung der Provision fällig.

 

2. Lieferverzug, Provision

Infolge der Corona-Krise kommt es zu Lieferverzögerungen, Lieferengpässen und ggf. auch Stornierungen von bereits erteilten Aufträgen.

Sobald verspätet oder gar nicht geliefert ist, kann der Provisionsanspruch dem Grunde nach damit gar nicht entstehen. Die Frage stellt sich allerdings, ob der Handelsvertreter dann nicht Anspruch auf einen Vorschuss hat oder ob der Handelsvertreter unabhängig von der tatsächlichen Lieferung einen Provisionsanspruch erhält.

Auch hier ist zumindest auf eine Vereinbarung in dem Vertrag abzustellen. Sollte hier keine Regelung getroffen sein, sollte unserem Dafürhalten nach auf den Gesetzeswortlaut abgestellt und auf die Lieferung verwiesen werden ggf. kann die derzeitige Situation durch Zahlung eines Vorschusses, der mit der späteren dann endgültigen Lieferung verrechnet wird, gemeistert werden.

Grundsätzlich ist im Verhältnis des Unternehmers zum Kunden die bereits bestellte Ware (Ordner) wirksam, infolge einer höheren Gewalt werden die wechselseitigen Rechte und Pflichten der Vertragspartner nur suspendiert, sodass sich der Lieferzeitpunkt verzögert, die Lieferungen sich aber wie auch die Zahlung durch den Kunden als wesentliche Vertragspflichten aufrechterhalten bleibt.

 

3. Entfallen des Anspruchs auf Provision

Oftmals kommt es derzeit in der Praxis zu Anfragen von Kunden, ob Aufträge storniert werden können. Hintergrund ist in Folge der Ladenschließungen ein nicht vorhandener Absatzmarkt.

Nach dem gesetzlichen Leitbild hat der Handelsvertreter auch dann Anspruch auf Zahlung seiner Provision, wenn feststeht, dass das Unternehmen das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder eben nicht so ausführt, wie es ursprünglich abgeschlossen worden ist.

Bei einer einvernehmlichen Stornierung, also einer einvernehmlichen Aufhebung des ursprünglich abgeschlossenen und von dem Vertreter vermittelten Vertrages zwischen dem Kunden und dem Unternehmer, liegt eine Vertragsaufhebung vor, mit der Folge, dass der Handelsvertreter seinen Provisionsanspruch grundsätzlich behält; eine anderweitige Regelung mit dem Vertreter, beispielsweise durch Einholung seines Einverständnisses für diese Stornierung, ist freilich möglich.

Von dem oben dargestellten Grundsatz, dass der Handelsvertreter seinen Provisionsanspruch auch dann behält, wenn die Ware nicht oder nicht so, wie ursprünglich vereinbart, geliefert wird, gibt es allerdings Ausnahmen:

  • Ist der Kunde auf Dauer nicht bereit oder nicht fähig, die Zahlungen zu leisten, fällt dies nicht in das Risiko des Unternehmers, sodass der Provisionsanspruch, der ursprünglich entstanden ist, nachträglich entfällt.
  • Gleiches gilt, wenn das Unternehmen liefern kann und liefern möchte, der Kunde die Ware aber nicht abnimmt bzw. darum bittet, die Ware zunächst nicht zu versenden infolge wirtschaftlicher Gegebenheiten, eines fehlenden Absatzmarktes oder einer Vermögensverschlechterung. Bereits durch den oben dargestellten Wortlaut des Gesetzes wäre die Provision dem Grunde nach gar nicht entstanden. In jedem Fall entfällt sie aber im Nachgang, wenn die Lieferung infolge eines beim Kunden liegenden Risikos und Umstandes unterbleibt.
  • Gleiches gilt, wenn die Ware nicht ausgeliefert wird bzw. werden kann und die Umstände der Nicht-Lieferung vom Unternehmer nicht zu vertreten sind. Dies liegt beispielsweise dann vor, wenn „höhere Gewalt“ vorliegt, infolge von Krieg, Streit, Überschwemmung oder sonstigen Krisen, hierunter fällt unserem Dafürhalten nach sicherlich auch die Corona-Krise, eine Leistung nicht möglich ist.

 

Lieferschwierigkeiten, Grenzschließungen und Lieferverzögerungen sind kein Umstand, den das Unternehmen hätte erkennen bzw. verhindern können, da es außerhalb des jeweiligen Machtbereiches liegt. Der Anspruch auf Provision, der dem Grunde nach entstanden ist, entfällt dann rückwirkend wieder, wenn ein Umstand vorliegt, den das Unternehmen nicht zu vertreten hat.

 

4.

Wichtig sind im Ergebnis die tatsächlich im Vertrag geregelten Einzelheiten, bezogen auf Entstehung der Provision, Fälligkeit der Provision und ggf. Entfallen einer Provision.

Infolge der Corona-Krise und der Lieferschwierigkeiten und vor allem Absatzschwierigkeiten wird es häufig zu Nicht-Lieferungen kommen, sodass der jeweilige Einzelfall zu betrachten ist.

Unserem Dafürhalten nach liegt infolge der behördlichen Anordnung „höhere Gewalt“ vor, sodass die wechselseitigen vertraglichen Verpflichtungen zwischen dem Unternehmen und dem Kunden zunächst ausgesetzt sind, der Vertrag automatisch aber vorbehaltlich einer Regelung zwischen den Vertragspartnern nicht endet, sondern die Leistungspflichten nur „verschoben“ sind.

Eine einvernehmliche Lösung im Sinne von Solidarität und Miteinander ist jederzeit möglich. Gedacht werden könnte an entsprechende Zuschüsse, Provisions-Vorschüsse oder Vereinbarungen der Gestalt, dass abweichend von vertraglichen oder gesetzlichen Regelungen im Hinblick auf die Provision ein Einvernehmen zur Existenzsicherung vereinbart wird.

 

Bei Rückfragen steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Dr. Christian Weinelt gerne zur Verfügung.

 

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