Corona-Krise: Corona-App vs. Arbeitsrecht
Seit dem heutigen Tage steht die offizielle Corona-App in den App Stores von Google und Apple zum Download zur Verfügung. Die App soll ein sogenanntes Corona-Tracing ermöglichen. Darunter versteht man das nachträgliche und anonyme Aufspüren und Informieren möglicher Kontaktpersonen von positiv getesteten Corona-Patienten. Dadurch soll die Pandemie weiter eingedämmt werden können. Dies setzt allerdings voraus, dass möglichst viele Bürger (die Experten gegen von circa 2/3 der Bevölkerung aus) die App auch wirklich nutzen. Diese Nutzung muss – um eine lückenlose Kontrolle sicherstellen zu können – zeitlich möglichst lückenlos erfolgen. Die Nutzung der Corona-App ist völlig freiwillig.
Übertragen auf das Arbeitsrecht stellt sich insoweit die Frage, ob Arbeitnehmer einen Nutzungsanspruch der Corona-App während ihrer Arbeitszeit haben. Umgekehrt stellt sich die Frage, ob ein Arbeitgeber von seinen Mitarbeitern verlangen kann, dass diese die Corona-App während ihrer Arbeitszeit nutzen.
1. Nutzungsrecht während der Arbeitszeit
Es gilt zunächst der Grundsatz, dass der Arbeitgeber entscheiden darf, ob die Mitarbeiter während der Arbeitszeit ihre privaten Mobiltelefone bei sich tragen oder gar nutzen dürfen. Eine Nutzung kann problemlos untersagt werden, da der Arbeitnehmer für die Nutzungszeit zur Arbeitsleistung verpflichtet ist. Da die Nutzung der Corona-App allerdings nur voraussetzt, dass man das Mobiltelefon mit sich führt, ohne dass das Mobiltelefon entsperrt oder in sonstiger Art und Weise bedient werden muss, stellt sich die Frage, ob das bloße mit sich führen ebenfalls untersagt werden kann.
Zur Beantwortung dieser Fragen müssen die Arbeitnehmer-und die Arbeitgeberinteressen gegeneinander abgewogen werden. Es gibt Betriebe, die generell keine privaten Mobiltelefone zulassen. Dies betrifft beispielsweise sensible Bereiche, die sehr anfällig für Betriebsspionage sind. In diesen Bereichen dürften die Arbeitgeberinteressen auch weiterhin überwiegen, sodass selbst ein bloßes mit sich führen des privaten Mobiltelefons auch weiterhin untersagt werden kann.
Es gibt aber auch ganz andere Bereiche, in denen aus Arbeitgebersicht nichts dagegen spricht, dass der Arbeitnehmer das private Mobiltelefon mit sich führt (ohne es aktiv zu nutzen), um einen längeren Kontakt zu einem Covit-19-Infizierten nachträglich zu erfahren und sich sodann in ärztliche Untersuchung geben zu können. In diesen Fällen dürften die Interessen der Arbeitnehmer überwiegen, sodass viel dafür spricht, dass die Mitarbeiter auch bei einem generellen Handyverbot das private Mobiltelefon bis auf weiteres mit sich führen dürfen. Dies gilt umso mehr, als die Corona App von der Bundesregierung zur Verfügung gestellt wurde und insoweit als besonders vertrauenswürdig eingestuft werden kann.
Im Zweifelsfalle ist den Arbeitnehmern aber anzuraten, zuvor das Gespräch mit dem Arbeitgeber über das Mitführen (nicht nutzen!) des Mobiltelefons zu besprechen. Die allermeisten Arbeitgeber dürften keine Einwände gegen ein bloßes mit sich führen haben, da hierdurch die Gefahr der Ansteckung weiterer Mitarbeiter minimiert werden kann.
2. Nutzungspflicht während der Arbeitszeit
Diese Frage kann man verneinen. Da die Nutzung der Corona-App (mangels Existenz eines entsprechenden Gesetzes) völlig freiwillig ist, gibt es keinen Anspruch des Arbeitgebers darauf, dass die Belegschaft die App gegen ihren Willen nutzen muss. Es ist in diesem Falle Sache des Arbeitgebers, andere Schutzvorkehrungen zu treffen, um die Belegschaft vor einer Infektion zu bewahren. Die Nutzung der App macht im Übrigen auch nur dann wirklich Sinn, wenn das Mobiltelefon mit installierter Corona-App auch während der Freizeit mitgeführt wird. Der Arbeitgeber hat aber keinen Einfluss darauf, wie die Mitarbeiter ihre Freizeit gestalten. Eine isolierte Nutzungspflicht während der Arbeitszeit macht damit aber keinen Sinn. Damit scheidet eine Nutzungspflicht generell aus.
Ihre Rechtsanwaltskanzlei Dr. Weinelt und Collegen,
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Lars Reimer